An der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine

RPA als Produktivitäts-Booster

Prof. Herda, mit welchen Themen beschäftigen Sie sich gerade?

Momentan dominiert natürlich die Digitalisierung – aktuell erarbeite ich mit dem CIO eines bekannten mittelständischen Weltmarktführers eine unternehmensweite IT- und Digitalstrategie. In der angewandten Forschung arbeite ich zudem an einer praxisnahen und systematischen Strategiemethodik für das Zeitalter der Digitalisierung.

Sie arbeiten eng mit vielen CIOs im deutschen Mittelstand zusammen. Was sind aktuell deren größte strategische Herausforderungen?

  1. Gestaltung der digitalen Transformation in verantwortlicher Rolle im Unternehmen,
  2. Die siloartigen Organisationen mittelständischer Unternehmen zu überwinden, um erfolgreich Digitalisierungsprojekte umsetzen zu können,
  3. Aufbau neuer technologischer Kompetenzen in der IT-Organisation zu Themen wie Industrie 4.0, künstliche Intelligenz, Big Data, IT-Security oder Data Analytics.

Aus Ihrer persönlichen Wahrnehmung: Wie wird mit diesen Herausforderungen umgegangen und was sind momentan die drei Top-Themen auf der Agenda eines CIO?

Ich nehme wahr, dass die Bedeutung der IT-Organisation und die Rolle der CIOs seit einigen Jahren erheblich zunimmt. Sie wandeln sich vom internen IT-Dienstleister zum Treiber der Digitalen Transformation und werden so zum Erfolgsfaktor für Geschäftsmodelle in der Digitalisierung.

Die drei Top-Themen lauten:

  1. Erfolgreiche Umsetzung der enorm zunehmenden IT- und Digitalisierungsprojekte,
  2. Die eigene IT-Organisation für das digitale Zeitalter fit zu machen und dafür die richtigen Mitarbeiter am Markt zu finden,
  3. Aufwand, Komplexität und Kosten des IT-Betriebs nachhaltig zu reduzieren.

Wie ich gesehen habe, analysieren Sie neue Geschäftsmodelle und Prozesse wie auch das Thema Plattformökonomie. Hat das Relevanz für den Mittelstand?

Der deutsche Mittelstand muss sich zwingend mit dem Thema der Digitalen Plattformökonomie beschäftigen. So sieht man sich auch im B2B verstärkt mit der Herausforderung konfrontiert, international auf digitalen Handelsplattformen mit überzeugenden Preisstrategien präsent zu sein. Diese stellen vermehrt etablierte internationale Handelsstrukturen über Importeure oder Großhandel infrage.

Baut man neue Geschäftsmodellvarianten auf, etwa auf der Basis nutzungsbasierter Subskriptionsmodelle, so steht man vor der Herausforderung, eigene datenbasierte Digitalplattformen aufzubauen.

Zum Thema Robotic Process Automation. Wie nehmen Sie den Einsatz von RPA-Technologien in Unternehmen wahr?

Als Wirtschaftsinformatiker begeistert mich das Thema enorm. Unsere Rolle im Unternehmen besteht darin, die unternehmensweiten Prozesse mit der richtigen IT-Technologie optimal zu gestalten. RPA ist hierfür geradezu ein Produktivitäts-Booster, sofern es sich um Prozesse handelt, die eine geringe Komplexität aufweisen, in großer Häufigkeit durchgeführt werden und regelbasiert beschrieben werden können.

Welchen Einfluss kann RPA auf die eben genannten Herausforderungen haben?

Die Mittelstandsunternehmen, die das Potenzial erkannt haben und RPA frühzeitig eingesetzt haben, konnten ihre Prozesse mit relativ geringem Aufwand deutlich automatisieren. Ich beobachte zudem, dass mit dem Einsatz von RPA die Fantasie in Fachbereich und IT für weitere Prozessautomatisierungen steigt, da sich recht schnell die Erfolge bei der Umsetzung zeigen.

Was fehlt Ihrer Meinung nach aktuell beim Einsatz von RPA, um auf die Herausforderungen der Digitalisierung zu reagieren?

RPA bietet sich für strukturierte Prozesse und Routineaufgaben in einer heterogenen IT-Systemlandschaft an und automatisiert de facto die Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine. Somit stellt RPA einen guten Einstieg in die Digitalisierung dar. Sofern aber darüber hinaus Intelligenz im Prozess erforderlich ist oder die Daten nur in unstrukturierter Form vorkommen, kommt RPA derzeit an ihre Grenzen.

Sie beschäftigen sich seit Jahren mit der Frage, wie man Ressourcen und Kräfte optimal einsetzt, um überproportionale Ergebnisse zu erzielen. Kann in diesem Zusammenhang RPA eine Rolle spielen?

Ich halte RPA für eine wesentliche Technologie, um Routineprozesse und aufwendige Schnittstellen zu automatisieren. Gerade in einer komplexen, gewachsenen IT-Systemlandschaft mit vielen heterogenen Anwendungen kann RPA – methodisch richtig angewandt – ihre Stärke ausspielen.

Gelegentlich wird RPA nur als eine Brückentechnologie abgetan – wie ist Ihre Einschätzung dazu?

Das würde ich gern differenziert beantworten. Die klassische Automatisierung einfacher Prozesse mit RPA wird in der Zukunft vermutlich irgendwann ihre Bedeutung verlieren, gerade wenn mittelständische Unternehmen ihre Altanwendungen ablösen und vermehrt moderne Anwendungssysteme aus der Cloud beziehen.

Ich bin mir aber sicher, dass RPA deutlich »intelligenter« werden wird und man sie künftig mit anderen Technologien wie künstlicher Intelligenz oder Spracherkennung kombiniert, um die Einsatztiefe zu erhöhen.

Prof. Dr. Nils Herda, vielen Dank für dieses Gespräch!

Das Interview ist Teil des IT’s automated – CORBOX Robots-as-a-Service-Magazins.
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Prof. Dr. Nils Herda

Prof. Dr. Nils Herda berät zahlreiche CIOs bei der Konzeption von IT- sowie Digitalisierungsstrategien im Mittelstand und ist Sparringspartner für die erfolgreiche Umsetzung von Transformationsprojekten. Seine Schwerpunkte sind die typischen Herausforderungen der »Hidden Champions« im deutschen Mittelstand. Als Experte für Unternehmensstrategien im Zeitalter der Digitalisierung ist er ein gefragter Speaker und Strategieberater. Er lehrt und forscht als Professor für Wirtschaftsinformatik an der Fakultät Informatik an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen.