Public Cloud – Kosten und Betrieb

Wie viel kostet die Cloud wirklich? Ein Thema, das viele CFOs und CTOs beschäftigt, wie zahlreiche Studien zeigen, darunter der IDG Report „The 2020 IDG Cloud Computing Survey“ oder „Cloud Computing Trends: 2020 State of the Cloud“ von Flexera. Trotz der Bedeutung wird das Thema Cloudkosten und Nutzentransparenz selten von Beginn an strategisch angegangen. Stattdessen steht oft entweder die Technologie im Fokus oder der Druck aus dem Geschäftsbereich.

Wie so häufig entstehen beinahe wöchentlich neue Tools und Startups, die Lösungen im Bereich Kostenmanagement und –transparenz in der Cloud anbieten. Doch ist ein (weiteres) Tool wirklich die Lösung für diese Herausforderungen? Oder gibt es Alternativen?

Welche Kosten verbergen sich hinter Clouddiensten?

Beginnen Unternehmen Cloudprojekte, werden oft die Kosten als einer der entscheidenden Faktoren herangezogen. Schließlich verspricht man sich von der Cloud nicht nur Einsparungen, sondern auch volle Transparenz bei den Kosten: Unternehmen bezahlen nur exakt die Ressourcen, die sie verbrauchen.

In der Praxis sieht es jedoch anders aus, denn die maximale Transparenz führt zu hoher Komplexität. Jeder, der schon einmal eine Cloud-Abrechnung in den Händen hatte, kennt dies nur zu gut: 0,30€ hier, 2,80€ da,710€ für Logging oder 48€ für Support – oft führt diese Detailtiefe zum Gegenteil der gewünschten Einfachheit und Transparenz. So werden häufig erst nach Monaten die echten Kosten sichtbar.

Alle Provider, wie AWS oder Azure bieten Preiskalkulatoren, die in modernem Design Preise auflisten und auch Total-Cost-of-Ownership (TCO) Berechnungen aufstellen. Um diese Tools jedoch erfolgreich zu nutzen, muss man nicht nur tiefgreifendes Know-how eines jeden Clouddienstes (bei über 100 Diensten) mitbringen, sondern auch eine exakte Planung der einzelnen Ressourcen, die ausgerollt werden sollen. In der Theorie klingt das vielleicht zunächst machbar, in der Praxis werden im Laufe eines Cloudprojektes jedoch immer wieder Anpassungen vorgenommen. Diese Agilität ist wichtig, um das Beste aus der Cloudinfrastruktur zu holen, als auch Kostenoptimierungen vorzunehmen.

Herausforderungen

Als erfahrene Cloud-Experten, sowohl im konzeptionellen als auch betrieblichen Umfeld haben wir einige wiederkehrende Muster identifiziert, welchen Herausforderungen Unternehmen bei Cloudprojekten gegenüber stehen.

Kostenmanagement

Traditionell liegt die Verantwortung für das Kostenmanagement beim Einkauf, Lizenz-/Vertragsmanagement oder Controlling. Diese Bereiche haben etablierte Prozesse und Mechanismen, von der Beschaffung über die Vertragsverhandlung und den Vertragsabschluss bis hin zu Lizenzaudits.

Eine andere Situation findet sich hingegen im Bereich Public Cloud und Software-as-a-Service (SaaS). Hier hat jedes Unternehmen eine Vielzahl an SaaS-Applikationen und unterschiedliche Cloud Anbieter im Einsatz. Außerdem ist es nicht einfach, individuelle Vertragskonstrukte mit den großen Cloud Providern wie Amazon, Microsoft oder Google zu etablieren, da diese Unternehmen andere Maßstäbe ansetzen als im deutschen Enterprise/Mittelstand-Umfeld üblich sind.

Zu diesen Herausforderungen gesellen sich noch eine unüberschaubare Anzahl an unterschiedlichen Clouddiensten, Bezahlmodellen, Rabattierungsmöglichkeiten und Vertragslaufzeiten sowie verschiedensten Service Level Agreements und Supportleistungen.

Auch im Bereich Kostenmanagement unterscheiden sich die Provider und bringen ihre eigenen Tools mit, wie etwa den AWS Cost Explorer, das Azure Kostenmanagement oder die Google Cloud Plattform Kostenverwaltung.

Um all diese Bereiche zu verstehen und effektiv für das eigene Unternehmen zu nutzen, sind umfassende Kenntnisse nötig.

Ressourcenmanagement

Cloudtechnologien bilden die Grundlage für erfolgreiche Digitalisierung und sind Innovationstreiber. Oft wird jedoch die Komplexität von Infrastructure-as-a-Service (IaaS), Platform-as-a-Service (PaaS) und Software-as-a-Service (SaaS) unterschätzt und die Technologien entsprechend nicht optimal genutzt. Denn jeder Cloudprovider bietet eine Vielzahl unterschiedlicher Dienste, aus denen die für das eigene Unternehmen passende richtig gewählt werden müssen.

Dies ist entscheidend, denn leider entscheiden sich Unternehmen immer noch häufig für ein reines Lift & Shift ihrer Infrastruktur in die Cloud. Durch eine solche 1:1 Migration bleibt jedoch viel Potenzial ungenutzt und führt meist zu höheren Kosten.

Durch die unterschiedliche Handhabung, Nutzung und Bereitstellung je nach Dienst und Provider ist eine transparente Übersicht in einem Dashboard nicht einfach per se gegeben. Stattdessen müssen die spezifischen Anforderungen der Cloud Provider berücksichtigt werden, wie zum Beispiel AWS Multi-Accounts, Azure Subscriptions oder Google Projekte.

Cloud-Betrieb

Auch in der Cloud gilt: ein gut aufgestelltes Betriebsteam, mit viel praktischer Erfahrung und technologischem Know-how bildet das unverzichtbare Fundament für den Erfolg.

Jedoch hat die klassische IT oft wenig bis keine Berührungspunkte in Bereichen wie Cloud-natives Monitoring, Infrastructure-as-a-Code, Deployment Pipelines oder fundierte Open Source Expertise bei cloudbasierten Applikationen. Natürlich sind DevOps oder Site-Reliability-Engineering (SRE) allgegenwertig, doch wird kein Datenbankadministrator durch ein paar Schulungen automatisch zum Cloud-Architekten und auch neue Ansätze in der Infrastruktur-Bereitstellung und Überwachung erfordern Umdenken und Investitionen

Die Grafik zeigt den umfassenden Wandel und veranschaulicht, dass eine erfolgreiche IT nicht mehr im Silo arbeiten kann.

Reine Cloud-Expertise wird IT-Abteilungen nicht kurz- oder mittelfristig zu Cloud Competence Centern machen. Dieser Weg ist umfassender und erfordert vielfältige Justierungen. Neue Lernpfade und neue Rollen sind gefordert und IT-Rollen und Verantwortungen werden sich verändern.

Empfehlungen

  • Kostentransparenz muss von Beginn an in Entwicklung, Bereitstellung und Cloud-Betrieb verankert sein. Nicht alles ist wirtschaftlich cloudifizierbar.
  • Involvieren Sie Ihre IT-Abteilung so früh wie möglich. Zu häufig werden diese von agilen Experten überrollt, die nichts Anderes kennen als Cloudtechnologien. Am Ende des Tages zählt jedoch weiterhin die Jahrzehntelange Erfahrung Ihrer IT und Applikationsentwickler.
  • Starten Sie mit den Möglichkeiten, die Cloud-provider mitbringen, bevor Sie auf zusätzliche Tools setzen.
  • Wägen Sie Cloud-Migrationen gut ab und schauen Sie nicht allein auf Preis und Technologie. Lift & Shift Migrationen von virtuellen Maschinen sind ein Start, um sich mit Cloudtechnologien vertraut zu machen, aber selten wirtschaftlich. Das Motto sollte immer lauten: SaaS vor FaaS vor PaaS vor IaaS.
  • Nutzen Sie die Möglichkeiten der Provider wie z.B. Azure Budgets oder AWS Budgets, um Kostenexplosionen zu vermeiden.
  • Ein historischer Verlauf der Kosten- und Ressourcennutzung ist nur bedingt möglich. Nutzen Sie die nativen Schnittstellen, um Daten längerfristig abzulegen. Auch hier gibt es einige Möglichkeiten wie ein einfacher Export in eine PaaS-Datenbank, oder Elasticsearch, um darauf basierend einfache Visualisierungs-Tools zu nutzen (Bsp. PowerBi oder Kibana).
  • Nutzen Sie auch hier die Erfahrung aus der Cloud Native Foundation Computing Community und greifen Sie auf renommierte Open Source Komponenten zurück

Fazit

Um das Potenzial der Public Cloud voll auszuschöpfen, ist Ressourcen- und Kostentransparenz wichtiger denn je. Vertrauen Sie nicht auf ein Tool alleine, sondern etablieren Sie frühzeitig einen entsprechenden Prozess in den involvierten Abteilungen. Es ist wichtig, dieses Thema zu Beginn der Cloud Adoption Reise zu adressieren.

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Gerald Fehringer
CTO, Founder Cloudeteer
gf@cloudeteer.de
Twitter: @zerohat